Der soziale Wohnbau von Singapur
Südostasien: Die Immobilienpreise in Singapur sind zuletzt stark gestiegen 82 Prozent der Bevölkerung leben in staatlich geförderten Wohnungen.
Wirtschaftswachstum im Jahr 2010 hält das Land den Weltrekord. Die Dynamik hat die Immobilienpreise auf dem freien Markt in fünf Jahren um 35 Prozent steigen lassen. 150-Quadratmeter-Wohnungen kosten mehrere Millionen Euro, die monatliche Miete für eine 30-m2-Wohnung in Innenstadtlage beträgt 4500 Euro. Das betrifft die höchste Einkommensschicht und ausländische Fachkräfte.
Für seine Bevölkerung (heute 5,2 Millionen Einwohner, zu 80 Prozent Chinesen) hat Singapur aber eines der ausgeprägtesten sozialen Wohnbausysteme der Welt entwickelt. Das kommt für viele überraschend, angesichts der Rolle Singapurs als Finanzzentrum, dessen seit 47 Jahren herrschende Regierung nur drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Soziales ausgibt. Das BIP pro Kopf ist mit jenem Österreichs vergleichbar.
Slums störten Staatsgründer
Für Alter und Krankheit beispielsweise müssen Bürger selbst vorsorgen, über ein Sozialversicherungskonto, das mit Beiträgen des Arbeitgebers und -nehmers gespeist und dessen Geld veranlagt wird.
Weil Singapur Anfang der 1960er-Jahre noch von Slums überzogen war, gab der Staatsgründer Lee Kuan Yew damals folgende Marschrichtung vor: „Sozialstaat heißt Erziehung, Wohnungsbau und Gesundheit – in dieser Reihenfolge.“ Darum wurde das Housing Development Board (HDB) gegründet, um leistbares und ansprechendes Wohnen zu sichern.
Die Behörden haben Sattelitenstädte und neue Siedlungen aufgezogen. Heute punkten sie mit guter Ausstattung, Grün- und Sportanlagen und der Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz. Im Jahr 2011 zählte Singapur 1,146 Millionen Haushalte, knapp 902.000 davon im sozialen Wohnbau. 82 Prozent der Bevölkerung leben in HDB-Wohnungen.
Eigentum wird stark gefördert, neun von zehn Bewohnern gehört ihre Sozialwohnung. Die Regierung hält mit Subventionen die Preise am Boden. Auch vom HDB geförderte Kredite kann man aufnehmen. Der Zinssatz liegt nur 0,1 Prozentpunkte über dem aktuellen Habenzins des Sozialversicherungskontos. Das Zinsniveau in Singapur ist mit rund drei Prozent derzeit generell niedrig.
Die Preise für Sozialwohnungen bewegen sich derzeit im Schnitt zwischen 160.000 und 500.000 Euro – je nach Größe. Beim Wiederverkauf werden aber teilweise Preise von bis zu einer Million Euro erzielt. Der Preisauftrieb ist auch hier teilweise zu spüren. Damit der Preisauftrieb im Immobiliensektor ein Ende hat, hat die Regierung im Oktober Einschränkungen bei der Vergabe von Hypothekarkrediten beschlossen.
Weil die Geburtenquote in dem Stadtstaat schwach ist, werden vor allem Familien gefördert. In den Genuss einer Sozialwohnung können nur verheiratete Paare oder Über-35-Jährige kommen. Das hat aber zur Folge, dass viele Leute bis 35 bei ihren Eltern leben.
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